Und dann kam Bernd
Lesedauer: 12 Minuten
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enn es noch eines Beweises bedurfte, dass aufgrund des Klimawandels Extremwetterereignisse noch extremer werden – Unwetter Bernd hat ihn geliefert. Ganze Dörfer wurden Mitte Juli in Eifel und Ahrtal überspült, Menschen ertranken in den eigenen Häusern, zahlreiche Angehörige suchten über Tage nach Vermissten. Inmitten dieser Schicksale: unzählige Sachschäden. Familien, die alles verloren haben. Selbst Felder sind noch Wochen später so sehr mit Schutt bedeckt, dass es Landwirtschaftsbetrieben unmöglich sein wird, sie abzuernten. Ein Problem, das auch langfristige Folgen haben kann: Die Kontamination durch Öl und Chemikalien im Wasser ist bislang noch unklar.
Die Gesamtsumme der Großschäden ist viermal so hoch wie beim Hochwasser 2002
Was viele nicht auf dem Schirm haben: Neben Privathaushalten sind auch zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen stark betroffen. Handwerksbetriebe haben ihre Fahrzeuge und Werkzeuge verloren. Büros sind zerstört, ebenso wie Dokumente und Unterlagen. Ganze Lagerbestände sind vernichtet. Nach einer aktuellen Umfrage unter deutschen Versicherungen und Rückversicherungen liegt die Höhe der durch Bernd verursachten, versicherten Schäden bei rund 8,2 Milliarden Euro. Es handelt sich damit um die verheerendste Naturkatastrophe in Deutschland seit Beginn der Wetter- aufzeichnungen.
Eine Ursache dafür sind die Großschäden, die in den betroffenen Gebieten verursacht wurden. Darunter versteht der GDV Schäden ab einer Million Euro bei einzelnen Versicherten. „Wir gehen aktuell von rund 400 Großschäden mit einer Gesamtsumme von 1,3 Milliarden Euro aus“, sagt Jörg Asmussen, GDV-Hauptgeschäftsführer. „Das sind viermal so viele wie beim Hochwasser 2002 an Elbe und Donau.“
Einen dieser Großschäden hat die Umbach GmbH in Eschweiler zu beklagen. Das Unternehmen produziert und handelt mit Verpackungen. Ob zweiwellige Faltschachteln, Luftpolsterfolien oder mit eigenem Logo bedrucktes Klebeband: Wer Verpackungsmaterial sucht, wird bei Umbach fündig. Normalerweise. Als das Hochwasser kam, erwischte es neben dem Verwaltungsgebäude auch das Hauptlager, über 80 Tonnen Rohmaterial waren verloren. „Corona hatte schon vor dem Unwetter für Lieferengpässe an allen Ecken und Enden gesorgt. Und dann kam Bernd“, sagt Inhaber Martin Umbach.
Das Büro im Baucontainer
Am 14. Juli trat die Inde, ein Nebenfluss der Ruhr in der Eifel, über die Ufer. Zwischenzeitlich lag der Pegel rund vier Meter über dem Normalstand. „Da haben wir dann auch endlich verstanden, warum unsere Straße ‚An der Wasserwiese‘ heißt“, lacht Umbach, der sich seinen rheinischen Optimismus bewahrt hat. Jetzt sitzt er in seinem aktuellen Büro, einem umfunktionierten Baucontainer. Das eigentliche Verwaltungshaus muss aufwendig saniert werden. „Das wird bestimmt noch fünf oder sechs Monate so gehen“, sagt Umbach.
Beschweren mag er sich dennoch nicht. „Da hat es andere bestimmt noch schlimmer erwischt – die Fernsehbilder aus dem Ahrtal vergisst man so schnell nicht. Unsere eigene Produktion war zum Glück nicht direkt betroffen. Bei uns stand der Betrieb keinen Tag still – auch dank der Gothaer.“ In Umbachs Unternehmerpolice ist auch Schutz bei Betriebsunterbrechungen und Elementarschäden enthalten – die jetzt für die Ersatzräumlichkeiten im Containerformat leistet. Überhaupt zeigt sich Umbach zufrieden mit der Abwicklung seitens seiner Versicherung: „Die Gothaer und ich stehen fast im täglichen Austausch, ob alles passt.“
Dass enger Kontakt zwischen Versicherer und Unternehmen wichtig ist, weiß auch Umbachs Berater. „Schon früh hat sich unser Büro auf KMU spezialisiert, wobei für uns eine ganzheitliche Beratung mit individueller Risikoanalyse an erster Stelle steht“, sagt Gothaer Bezirksdirektor Robert Braun. „Dazu gehört natürlich auch, dass wir uns mit unseren Kunden in einem steten persönlichen Austausch befinden, um zu prüfen, ob der Versicherungsschutz noch dem Risiko entspricht – die Notwendigkeit für eine Elementardeckung haben wir dabei immer frühzeitig thematisiert.“
Im Vergleich zu aktuellen Schäden erscheinen frühere Extremwetter-Ereignisse wie Testläufe
Wenn der Schaden dann eintritt, kommt Günther Leufen, Regulierungsbevollmächtigter der Gothaer mit knapp drei Jahrzehnten Berufserfahrung, ins Spiel. Bei Fällen wie dem der Firma Umbach bringt er die passenden Experten gleich mit. „Da muss die Hilfe direkt anlaufen, auch wenn wir dieses Jahr sicherlich am Anschlag arbeiten“, sagt er. „Im Vergleich zu den jetzigen Schäden erscheinen die früheren Extremwetterereignisse wie Testläufe. Deshalb muss jetzt schnell gehandelt werden. Neben Sachverständigen für die Schadenermittlung an Gebäuden, Maschinen, Inhalt, Waren und der Betriebsunterbrechung bieten wir Unterstützung durch Sanierungsfachfirmen an.“ Und auch finanziell ging’s schnell: „Es hat nur zwei Tage gedauert und wir haben einen mittleren sechsstelligen Betrag als Vorabzahlung erhalten“, erzählt Umbach.
Schlimm erwischt hat es auch die Firma Druck Kogel in Stolberg, ebenfalls Kunde der Gothaer. Das Traditionsunternehmen liefert seit mehr als 125 Jahren über die Stadtgrenzen hinaus Druckerzeugnisse jeder Art. Bis Bernd den Betrieb komplett unterbrochen hat. „Bei uns ist eigentlich alles zerstört worden. Papier, Farben, Mobiliar – natürlich das Gebäude“, erklärt Inhaber Michael Kogel. „Das Schlimmste sind aber die Schäden an den Druckmaschinen. Und zwar an allen.“ Deren Elektronik sitzt meist im unteren Drittel – und sei nach dem Bad nicht mehr zu reparieren. Das nennt man dann Totalschaden.
„Das ist kein Trinkwasser, was da bei uns ankam. Das Wasser musste erst einmal durch fünf Fabriken, die oberhalb von uns an der Straße liegen. Schwer zu sagen, was da alles mitgenommen wurde.“ Kogel und Gothaer Schadenregulierer Leufen mit seinen Sachverständigen gehen davon aus, dass es bis ins Frühjahr 2022 dauern wird, bis er den Normalbetrieb wieder aufnehmen kann. „Beide Kunden profitieren natürlich extrem davon, dass sie von ihrem Berater gut beraten und auch gegen Elementarschäden abgesichert worden sind. Dass außerdem an Betriebsunterbrechungsschäden gedacht wurde, zeigt, dass der Vermittler seinen Job richtig gemacht hat“, so Leufen.
Auch bei diesem Betrieb schickte die Gothaer ein Team mit Expertenwissen, das sämtliche Schäden am Inhalt und Gebäude aufnahm, erste Einschätzungen zur Betriebsunterbrechung abgab und mit einer unbürokratischen Vorauszahlung dafür sorgte, dass Michael Kogel direkt neue Druckanlagen in Auftrag geben konnte. „Allein die Bauzeit unserer neuen Maschinen liegt bei zwölf bis 16 Wochen – wenn alles gutgeht.“
Solidarität, die sprachlos macht
Eine der neuen Maschinen konnte Kogel bereits im September auf einer Messe in Empfang nehmen. „Fehlt nur, dass wir auch wieder einen überdachten Platz für das neue Schätzchen haben.“ Insgesamt weiß Kogel, dass er gleich in mehrfacher Hinsicht Glück hatte. Zum einen deckt seine Gothaer GewerbeProtect-Police auch die Kosten der monatelangen Betriebsunterbrechung und die damit verbundenen Einschränkungen ab. Und zum anderen kann er sich auf Menschen in der Region verlassen, die eigentlich seine Konkurrenz sind. „Die Solidarität macht schon manchmal sprachlos“, so Kogel. „Ich habe die Möglichkeit, bei Mitbewerbern meine Kundenaufträge zu erfüllen, darf deren Technik und Räumlichkeiten nutzen. Das ist alles andere als selbstverständlich.“
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Klaus Schröder ist einer der Regulierungsbeauftragten, die die Gothaer nach der Flutkatastrophe in die am stärksten betroffenen Gebiete entsandt hatte. Ursprünglich selbstständiger Handwerksmeister, arbeitet Schröder seit mittlerweile sechs Jahren als Schadenregulierer.
Für den einzelnen Kunden sind Versicherungsschäden immer einschneidende Erlebnisse, für Sie sind sie alltäglicher Job.?Also normalerweise ...
Klaus Schröder: Schäden sind gleichzeitig auch immer mit persönlichem Leid verbunden, das geht auch ‚normalerweise‘ nicht spurlos an einem selbst vorbei. Mein Job ist natürlich dennoch, die Situation und entstandene Schäden sachlich zu bewerten und danach meine Entscheidungen zu treffen. Was bei den Bernd-Schäden anders ist als sonst, ist die schiere Dimension und Anzahl der Schäden. Dieses Ausmaß an Zerstörung habe ich noch nicht erlebt.
Wie ist Ihr Eindruck: Kommen die Betroffenen einigermaßen mit der Situation zurecht?
Was mich schon beeindruckt hat, war das Verständnis der Kunden, wenn es wegen Bernd zu Verzögerungen in der Regulierung kommt. Sehen Sie: Es gibt ja weiterhin auch Schäden außerhalb der direkt betroffenen Gebiete, die begutachtet werden müssen. Ich selbst bin zum Beispiel sonst im Münsterland als Regulierer unterwegs. Immens ist auch die Hilfsbereitschaft: Ein Bauer hat mir vor meiner ersten Abreise zu den Besichtigungen in der Eifel sogar ein Bautrocknungsgerät für die Menschen im Krisengebiet mitgegeben. Ich weiß auch nach fast acht Wochen, wo es aktuell ist.
Und wie schätzen Sie die Lage vor Ort in den ‚Krisengebieten‘ ein?
Auch hier macht die große Solidarität unter den Menschen Hoffnung. Der Zusammenhalt ist spürbar. So treffen sich Anwohner und Helfende zur Mittagszeit an zentralen Plätzen. Darunter auch Fremde, die extra zur Unterstützung bei den Aufräumarbeiten angereist kommen. Die Menschen vor Ort tragen ihr Schicksal mit großer Fassung. Allerdings wird der nächste Winter eine Herausforderung.
Worauf kommt es bei Ihrem Job jetzt vor allem an?
Die Kunden erwarten und verdienen schnelle und unkomplizierte Hilfe. Gleichzeitig muss ein Versicherer auch in dieser Situation sorgfältig arbeiten und unterscheiden können, welche Schäden wirklich zu erstatten sind und welche nicht, um so die Kosten fürs Kollektiv auf einem gerechten Level zu halten. Im Vorfeld meines Besuchs ist bereits der Versicherungsschutz der Betroffenen analysiert worden. Als Ansprechpartner für die Regulierung und alle weiteren Maßnahmen erkläre ich den Kunden dann das weitere Vorgehen und lege dar, was versichert ist und wie hoch zum Beispiel eine Selbstbeteiligung ist. Auf dieser Basis erstelle ich eine erste Schätzung der Schadenhöhe und stoße grundsätzlich die Zahlung einer Soforthilfe an die Flutopfer an.
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