Richtiger Umgang mit Urlaubsansprüchen
Lesedauer: 4 Minuten
Lesedauer: 4 Minuten
ie schlechte Nachricht vorneweg: Das Urlaubsrecht wird leider immer komplexer. Ein Grund dafür ist der Versuch, europäisches und deutsches Recht in Einklang zu bringen. In diesem Jahr jedoch sind wegen Corona noch einige Aspekte hinzugekommen, die es Arbeitgebern zunehmend schwer machen, den Überblick zu behalten. Deshalb sollte man über die grundlegenden Dinge informiert sein
So wollten beispielsweise in diesem Sommer viele Mitarbeiter ihren geplanten Urlaub gar nicht erst antreten, weil sie während des Lockdowns keine Möglichkeit hatten zu verreisen (was übrigens gegen den Willen des Arbeitgebers nicht durchsetzbar ist). Andere nahmen vorzeitig Urlaub, um sich bei geschlossenen Schulen und Kitas um ihre Kinder kümmern zu können. Oder Arbeitgeber ordneten Betriebsferien an, um ausbleibende Geschäfte zu kompensieren.
Wie Betriebsferien den Urlaubsanspruch verändern
Letzteres ist besonders kompliziert. In der Fachliteratur wird es durchaus kritisch gesehen, ob ausbleibende Aufträge wegen Corona einen – nach der Rechtsprechung erforderlichen – dringenden betrieblichen Grund zur Einführung von Betriebsferien darstellen. Zudem darf bereits genehmigter Urlaub ohnehin nicht durch später angeordnete Betriebsferien wieder kassiert werden. Und: Jeder Mitarbeiter muss grundsätzlich immer noch mindestens zwei Fünftel des Jahresurlaubs frei einteilen können. In Betrieben mit Betriebsrat darf darüber hinaus nicht vergessen werden, diesen bei der Einführung von Betriebsferien zu beteiligen. Das kann aber auch von Vorteil sein, weil Betriebsferien, die zusammen mit dem Betriebsrat geregelt werden, mehr Rechtssicherheit bieten.
Viele Fragen stellen sich in diesem Jahr auch im Zusammenhang mit dem Thema Kurzarbeit. Im Frühjahr entschied die Bundesagentur, dass es bis Ende des Jahres nicht erforderlich ist, seinen Urlaub für 2020 einzubringen, bevor Kurzarbeitergeld bezogen werden kann. Offen ist aber, unter welchen Bedingungen sich der Urlaubsanspruch anteilig für Zeiten der Kurzarbeit reduziert. Der Europäische Gerichtshof hat in 2018 entschieden, dass eine Kürzung für Zeiten der vollen Kurzarbeit (100%) möglich ist.
Eine behördlich angeordnete Quarantäne „verbraucht“ keine Urlaubsansprüche
Corona kommt auch beim Thema „Krankheitsfall im Urlaub“ ins Spiel. Grundsätzlich gilt: Wenn der Mitarbeiter während des Urlaubs erkrankt, wird der Urlaub während der Krankheitsphase nicht angerechnet und darf später nachgeholt werden. Ebenso „verbraucht“ eine behördlich angeordnete Quarantäne keine Urlaubsansprüche. Für Mitarbeiter in Elternzeit darf der Urlaubsanspruch jedoch gekürzt werden – und zwar um ein Zwölftel für jeden vollen Monat, in dem der Mitarbeiter nicht arbeitet. Das passiert allerdings nicht automatisch, der Arbeitgeber muss die Kürzung ausdrücklich erklären. Ein Arbeitgeber, der dies vor oder während der Elternzeit seines Mitarbeiters noch nicht erledigt hat, kann die Kürzungserklärung nachholen, solange das Arbeitsverhältnis besteht.
Häufig vergessen wird, seine Mitarbeiter jährlich auf den Verfall nicht genommenen Urlaubs hinzuweisen. Erfolgt ein solcher Hinweis nicht, verfällt nicht genommener Urlaub weder zum Jahresende noch zum folgenden 31. März, sondern er summiert sich unbefristet. Arbeitgebern ist daher dringend zu raten, jedem Arbeitnehmer zumindest in Textform mitzuteilen, wie viele Arbeitstage Urlaub ihm im Kalenderjahr zustehen, ihn aufzufordern, diesen so rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann. Und ihn über die Konsequenzen zu belehren, die eintreten, wenn der Urlaub nicht beantragt wird.
Urlaubsanspruch verfällt zum Ende des Kalenderjahres
Leider reichen entsprechende abstrakte Angaben im Arbeitsvertrag oder in einem Merkblatt dafür nicht aus. Wer sich also in den vergangenen Jahren an diese Spielregeln nicht gehalten hat, sollte diese sogenannte „Hinweisobliegenheit“ schnellstens nachholen. Damit wird zumindest eine weitere Anhäufung von Urlaubsansprüchen vermieden, da zum Ende des jeweils aktuellen Kalenderjahres der Urlaubsanspruch verfällt.
Hier finden Sie zum Download sämtliche bisherigen Ausgaben der Chefsache.
Zum Archiv