Hafentouren für Hamburg-Fans
Lesedauer: 5 Minuten
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ch kann mich noch genau an den dunklen Dezember-Abend erinnern, an dem sich mein Leben änderte. Für die Weihnachtsfeier unserer Firma war eine Barkassenfahrt im Hamburger Hafen geplant; anschließend ging es ins Portugiesenviertel. Meine Laune war nicht die allerbeste. Morgens war ich in der Dusche ausgerutscht und hatte mir das Knie verdreht. „Da bleib’ ich lieber auf der Couch“, hatte ich beim Blick auf das Schietwetter gedacht, mich dann aber doch auf den Weg zum Hafen gemacht.
Der Großvater als Vorbild
Ich hatte Wirtschaftsinformatik studiert und arbeitete damals schon neun Jahre im IT-Vertrieb. Gut bezahlt, aber leider kein Job, der mich sonderlich erfüllte. Nebenbei hatte ich gerade mein Fernstudium zur Tourismus-Betriebswirtin abgeschlossen. Während der Schulzeit war ich für ein Praktikum mit einem Containerfrachter zu einer Reederei nach Schottland geschippert – als einzige Passagierin, das war nachhaltig beeindruckend. In meiner Familie haben fast alle auf Lehramt studiert, aber mein Opa betätigte sich nebenbei als Reiseleiter. So etwas wollte ich als kleines Mädchen auch immer machen.
Aber zurück zu dem Abend im Restaurant. Zu später Stunde kam ich mit dem Barkassenkapitän und seinem Kompagnon ins Gespräch. Die beiden hatten uns nach der Fahrt durch den Hafen beim Essen Gesellschaft geleistet. Irgendwann zauberten sie eine Flasche selbstgebrannten Schnaps hervor und erzählten mir dabei von einer neuen Hafentour-Idee, für die ihnen die Projektleitung fehlte. Es machte sofort Klick in meinem Kopf und ich wusste: „Das ist meine Chance.“ Genau das wollte ich machen. Aus der Kooperation wurde am Ende zwar doch nichts, aber ich durfte die Grundidee verwenden. Also gab ich meinen IT-Job auf, entwickelte ein Konzept und machte mich mit Hafentouren für Hamburg-Fans selbstständig.
Neue Blickwinkel auf die Stadt – abseits des Mainstreams
Mein Ein-Frau-Unternehmen, die „Hamburger Elbinsel-Tour“, gibt es nun bereits 15 Jahre. Ich chartere Barkassen und schippere mit meinen Fahrgästen, die privat oder als Firma buchen, zum Beispiel rund um die Elbinsel Wilhelmsburg, in die unbekannten Wasserwege der Bille oder auch nach Finkenwerder. Dabei gibt es viele neue Blickwinkel auf die Stadt, abseits des Mainstreams.
Vor Corona kam ich pro Jahr auf etwa 150 Touren. Insgesamt konnte ich bisher gut 60.000 Gästen den Hamburger Hafen näherbringen. Ein Höhepunkt war für mich der G20-Gipfel, bei dem ich die Tour der First Ladies und Gentlemen begleitete. Dass mir dabei der kleine Sohn des kanadischen Premierministers Justin Trudeau das Mikrofon versehentlich ausschaltete, ist eine meiner Lieblings-Anekdoten. Im ersten Lockdown startete ich aus der Not heraus den Podcast „Maike im Hafen“, der wiederum zu einem Buchprojekt führte („Meine große Freiheit: Wie ich das Glück im Hamburger Hafen fand“), mit dem ich sogar in der „NDR-Talkshow“ war.
Als IT-Spezialistin hätte ich sicher mehr Geld verdienen können, bin aber mit der Selbstständigkeit viel glücklicher. Ja, der Jobwechsel war wirklich die beste Idee meines Lebens.
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